Zwei Kometen, was für ein Mars und Saturn

Wien 12, 08. 01. 2008

20080108api18.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:08. 01. 2008
Zeit:18:00 MEZ
Ort:Wien 12
Instrument:10x50 Feldstecher, 12" Meade LX-200, Philips SPC 900, Canon EOS 350D + 75-300m Tele
Bedingungen:
Durchsicht:gut (2)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:gut (2)
Wind:kein
Temperatur:+6°C
Sonstige Bedingungen:Wolkenlos und windstill.
Bericht:

Es ist ja fast nicht zu glauben, aber es gibt die dritte klare Nacht in Wien in Folge. Das ist ja schon eine echte Verwöhnung. Eine noch nicht ganz auskurierte Verkühlung und noch ein paar Restarbeiten an meinem Teleskop lassen mich aber von einer Exkursion auf die Sofienalpe Abstand nehmen und von zu Hause beobachten - ich soll es nicht bereuen.

Gegen 18 Uhr steht Mars von meinem Beobachtungspunkt noch ungünstig, dafür kulminiert Komet 8P/Tuttle gerade, und das macht die -4° Deklination noch nicht zum Übel. Schon ist der Komet im 40mm Pentax-Okular klar und deutlich zu sehen. Im 10x50 Feldstecher brauche ich etwas länger, ihn zu erkennen. Mit dem auf f/6.3 verkürzten LX-200 wage ich mich an eine Fotoserie mit der Canon EOS 350D.


Komet 8P/Tuttle. 12" LX-200 bei f/6.3, Canon EOS 350D, 12x15s bei 1600 ISO.

Der Komet hat einen auffälligen, hellen Kern und die Passage an einem nahen Stern ist auch visuell eindrucksvoll - ein schneller Komet, sehr zum Unterschied zu 17P/Holmes, der fast sekrecht über mir steht. Kein Objekt für's Fernrohr, dafür für ein 75mm Tele, das ich sogar mit stehender Kamera verwenden kann. Ein auffälliges Algol-Minimum endet übrigens gerade.


Komet 17P/Holmes. Canon EOS 350D, F=75mm, 15x8s bei 1600 ISO. Oberhalb ist M34.

Komet Holmes ist aus der Stadt kein auffälliges Objekt mehr, im Feldstecher fast nur mit indirektem Sehen zu erkennen, als deutlich längliches Objekt. M34 in der Nähe des Kometen ist nett.

Jetzt aber zu Mars. Ein Blick durchs 14mm Pentax-Okular zeigt zwischen rasch verwaschenen Momenten Phasen extrem ruhiger Luft, in denen unglaubliche Details schon visuell heraus kommen. Rasch zur Webcam. Zunächst probiere ich mit 2x-Barlowlinse, erkenne aber bald, dass ich mich auch an 3x wagen kann, wie schon gestern. Ich nehme Serien mit IR-Sperrfilter für die Farbe und Serien mit 742nm IR Passfilter für den Kontrast auf. Schon das erste Bild gegen 20 Uhr ist umwerfend, mein bestes in dieser Saison, und das bei nur mehr 14" scheinbarem Durchmesser!


Mars. 12" LX-200 bei f/30 (F=9m), Philips SPC 900, Komposit (Kontrast IR-Pass 742nm, Farbe IR-Sperr)

Es sind so gut wie alle Details zu erkennen, die auch Mars Previewer II zeigt:


Mars, Karte (alte Nomenklatur) nach Mars Previewer II

Die Breite wird von Mars Previewer II wie gesagt nicht richtig dargestellt, es ist uns derzeit die Nordhemisphäre zugewandt, die Strukturen im Süden sind etwas gestaucht. Sensationell ist Valles Marineris so knapp am Rand und auch die Kette dunkler Krater nördlich des Mare Erythraeum kommt ansatzweise heraus (vergleiche Bericht vom 12. November 2005, dort sind die Bilder aber nicht N-S-gespiegelt worden).

Zwei Stunden später ist das Seeing eine Spur schlechter, aber immer noch gut. Mars hat sich weiter gedreht und zeigt jetzt die interessanteste Region genau in der Scheibenmitte. Ein Hammer!


Mars. Gleiche Aufnahmedaten wie vorhin.

Was da jetzt an Details auf der nur 14" kleinen Marsscheibe heraus kommt, ist schier unglaublich. Viel schlechter als 2005, wo wir allerdings 19" hatten, ist es nicht. Valles Marineris, kein Zweifel, in voller Länge. Die vielen dunklen Finger, die vom Mare Erythraeum nach Norden gehen. Mare Acidalium, reich strukturiert. Der Süden chaotisch und überhaupt nicht übereinstimmend mit dem Mars Previewer.


Mars. Karte zu vorheriger Aufnahme.

Wenn ich bedenke, dass das Seeing erheblich besser sein könnte, staune ich trotz jahrelanger Erfahrung mit der Webcam, was diese Technik möglich macht. Die kleinsten erkennbaren Strukturen sind 0,2" klein! Es bewahrheitet sich, dass das theoretische Auflösungsvermögen eines Teleskops beim Kontrast fünf Mal so hoch ist wie bei punktförmigen Lichtquellen; das macht bei meinem Teleskop weniger als 0,1", und da sind die 0,2" bei nicht perfektem Seeing durchaus plausibel. Toll! Übrigens: Diese kleinsten erkennbaren Strukturen sind auf dem Mars ca. 100 Kilometer gross.

Und kaum hält man eine Steigerung möglich, tritt sie ein. Weitere zwei Stunden später ist das Seeing wieder besser und knapp vor Mitternacht gelingt mir dann noch das folgende Bild. Die Karte mit dem Mars Previewer erspare ich mir, ist eine Heidenarbeit und so viel hat sich auch nicht verändert.


Mars. Gleiche Aufnahmedaten wie oben.

Zwei Details: Der helle Fleck genau am Rand oben ist Olympus Mons; und über Phaetontis (im Bild links unterhalb der Mitte am Rand) liegt ein weißlichblaues Wolkengebiet. Auch die grünliche Färbung südlich der nördlichen Polhaube ist interessant. Mit etwas Phantasie erkennt man in Tharsis (das helle Gebiet im Bild oben) auch die anderen drei Vulkane Arsia, Pavonis und Ascraeus (die obere waagrechte Kette heller Flecken unterhalb von Olympus Mons). Das ist Sightseeing auf dem Roten Planeten.

Zum Abschluß Saturn, zum Vergleich auch mit 9m Brennweite, was in der geringeren Höhe nicht mehr sinnvoll ist.


Saturn. Gleiche optische Daten wie oben, Aufnahme mit IR Sperrfilter.

Ein toller Abend; Mars war das Objekt schlechthin und ließ mir keine Zeit für Deep Sky. Aber das ist verschmerzbar!