WAA Namibia 2002

Der volle Erlebnisbericht. Text: Anneliese Haika. Fotos: Alexander Pikhard.

Montag, 8. Juli 2002 - Gamsberg und Leistenbruch

Nach dem Frühstück folgt heute eine längere Beratung, was wir in Sachen fehlendes Gepäck unternehmen wollen - und können. Am Dienstag soll es kommen. Da sollte jemand von uns nach Windhoek fahren, um es abzuholen.

Nach dem Frühstück wollen Alex und ich spazieren gehen, doch da steht gerade der offene Geländewagen bereit zur Abfahrt auf den Gamsberg. Nur vier von uns sind dabei - da entschließen wir uns spontan, auch mitzufahren.

Der Entschluß war richtig. Eine tolle Fahrt. Zunächst ein Stück auf der C26 Richtung Windhoek, dann biegen wir bald auf eine Farmzufahrt ab. Auf dem Weg halten wir bei einem riesigen Webervogelnest. Gesellschaftsvögel wird diese Art hier genannt. Sie bauen riesige Nester, sozusagen Gemeindebauten für Vögel, die von einem ganzen Schwarm bewohnt werden. Die Nester werden immer weiter vergrößert, sodaß sie letztlich oft mitsamt dem Ast auf dem sie hängen abstürzen. Auch Telegrafenmasten werden von diesen Vögeln besiedelt.

Wir fahren an der Gamsberg-Farm vorbei, sie liegt an einem großen Teich. Ein eigenartiger Anblick in dieser trockenen Landschaft. Die Fahrt führt uns weiter durch eine spektakuläre Schlucht, die mich mit den großen roten Felsbrocken und Felsen etwas an Utah in der USA erinnert. Nur die Straße ist eindeutig afrikanisch. Entgegenkommen sollte da nichts. Immer wieder ergeben sich herrliche Ausblicke auf die nabibische Wüste in der Ferne.

Bei einer zweiten Farm (der Weena-Farm) machen wir kurz Halt. Walter überbringt Post und plaudert kurz mit dem Farmerehepaar und ihrem Sohn.

Dann geht es weiter. Gleich nach dem Farmgebäude erreichen wir ein Gatter mit dem verheißungsvollen Schild: Durchfahrt verboten! Ende der Straße (in Deutsch, Englisch und Afrikaans). Natürlich ist die Straße nicht zu Ende. Der Privatweg führt weiter über das Farmgelände, durch einige weitere Gatter Richtung Gamsberg. Der beeindruckende Berg kommt nun langsam näher.

Eineinhalb Stunden nach der Abfahrt auf Hakos sind wir dann am Fuß des Gamsbergs. Ein letztes Gatter wird geöffnet und geschlossen, dann sehen wir den "Wächter des Gamsberges": ein Gesicht, das auf einen Felsen neben der Straße gemalt wurde (mit Brille, damit es genau sehen kann, wer da kommt!). Von nun an geht es bergauf. Walter hat diese Straße fast ganz alleine gebaut. Er dürfte auch der einzige sein, der sie befahren kann, darf und will. Die steileren Stücke der Strecke (also fast alles) sind mit Beton verstärkt worden. Da liegen also zwei durchgehende Betonspuren auf dem Untergrund. Eigentlich wäre das für hiesige Verhältnisse eine sehr gute Straße. Nun, ja, da gibt es aber auch einige Nachteile: die Straße besteht NUR aus den zwei Fahrspuren, daneben liegt unwegsames Geröll, manchmal geht es knapp am steilen Abhang entlang. Es gibt einige sehr spitze Spitzkehren und dann ist die Steigung der Straße noch zu erwähnen: angeblich bis zu 45%!

Wir kommen recht zügig und gut hinauf. Das letzte Stück überwindet schräg den senkrechten oberen Sockel des Berges. Ich komme mir vor, wie im Steigungsstück einer Hochschaubahn. Dann sind wir oben und plötzlich ist alles flach. Der Tafelberg macht diesem Namen wirklich alle Ehre. Kleine Felsbrocken und Kieselsteine zeugen von der Vergangenheit dieses Plateaus: hier floß vor Millionen von Jahren ein Fluß.

Wir genießen die Aussicht: Man sieht zur Farm hinüber, die im grellen Licht jetzt zu Mittag kaum zu erkennen ist. Da wir uns auf dem viert-höchsten Berg Namibias befinden, ist der Rundblick wahrlich spektakuär. Wir gehen ein Stück über das Plateau, um auch in eine andere Richtung hinunter schauen zu können. Der Berg fällt dort etwa 1000 Meter ab. Dafür reicht der Blick weit in die Namib Wüste hinein.

Auf der Ebene stehen mehrere Gebäude des Max Planck Institutes. Sie haben dort vor Jahren Versuchsbeobachtungen gemacht. Jetzt sind die Gebäude fast leer und verfallen langsam.

Nach einer Stunden beginnen wir den Auto-Abstieg. Die Fahrt hinunter erinnert stark an eine Hochschaubahnfahrt im Schneckentempo. Walter kennt die Strecke genau und weiß, daß sich die Kurven mit diesem Auto gerade mal ausgehen. Aber es geht manchmal schon recht knapp am Rand entlang. Bei einer Kurve muß er reversieren - zum Glück hat er uns vorgewarnt.

Als wir die Steilstrecke hinter uns haben atmen einige am und im Wagen hörbar auf. Neben dem Auto sehen wir plötzlich Klippspringer davoneilen. Rasch anhalten, fotografieren. Dann geht es weiter nach Hause. Zwei Störche und eine Gruppe Perlhühner kreuzen noch unseren Weg. Die Straße liegt schon zum Teil im Schatten und auf dem offenen Wagen bläst der Wind recht kalt. Als wir wieder auf Hakos sind, haben wir dringenden Bedarf an Aufwärmen.

Das Kaminfeuer im Esszimmer taut uns wieder auf. Während wir gemütlich beim Essen sitzen, kommt Thomas Maca (der Arzt in unserer Runde) mit einer schlechten Nachricht: Otto hat einen Leistenbruch und muß sofort ins Spital nach Windhoek gebracht werden. Rasch organisiert die Familie Straube den Transport. Otto wird im VW Bus gebettet und Walter fährt los. Thomas und Herr Feiwickel begleiten ihn. Die beiden werden am nächsten Morgen gleich unser Gepäck vom Flughafen abholen. All unsere guten Wünsche begleiten Otto. Das fehlende Gepäck ist plötzlich recht nebensächlich geworden.

Die Übrigen beobachten diesmal als "Begleitgucker" an Roberts Teleskop. Der Himmel ist herrlich. Trotzdem überkommt mich schließlich schon um 21.30 die Müdigkeit. Bald nach mir geben auch die anderen Beobachter auf, denn es kommt sehr starker Wind auf.

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Das Schild sagt alles: Die Auffahrt auf den Gamsberg ist wohl keine triviale Sache. Wir sind gespannt.

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Jetzt kommen auch noch Geister ins Spiel. Hoffentlich gute, denn die Straße ist, wie man schon hier sieht, nicht ohne. Leider kommt das auf Fotos nicht wirklich heraus.

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Nich alle überleben eine Tour auf den Gamsberg ...

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Die Auffahrt hat sich gelohnt, vom Plateau des Gamsberg hat man einen beeindruckenden Ausblick ...

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... während auf der anderen Seite alles bretteleben ist. Hier, 2.347m über dem Meer, floß einst ein Fluß! Im Hintergrund die verlassenen Hütten des MPI.


Blick vom Gamsberg nach Westen, im Vordergrund der kleine Gamsberg. Was soll man dazu noch sagen?

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[ Beobachtungsberichte: Alex Pikhard ]